Immer wieder fällt mir auf und ich mache auch die persönliche Erfahrung, dass Autor*innen sich zu Rezensionen auf Buchblogs äußern und etwas klarstellen oder ihrerseits die Rezension kritisieren möchten. Teilweise gehen die Meinungen deutlich auseinander, teilweise werden Blogger*innen persönlich angegriffen. Das empfinde ich in vielerlei Hinsicht als problematisch, weshalb ich meine Gedanken und die Erfahrungen anderer Blogger*innen dazu in diesem Beitrag sammeln möchte.

Auf gute Zusammenarbeit
Theoretisch profitieren alle Seiten von einer Zusammenarbeit. Autor*innen erhalten im besten Fall kostenlose Werbung und Reichweite für ihr Buch, Buchblogger*innen bekommen kostenlose Rezensionsexemplare und teilweise auch einen direkten Zugang zu Hintergrundinformationen, Austausch oder Antworten auf Nachfragen. Ich finde zum Beispiel die verschiedenen Interviews, die ich bisher mit Autor*innen führen durfte, total bereichernd, sowohl für mich, als auch für den Blog. Und auch der Austausch auf sozialen Medien mit Autor*innen, die teilweise auch Vorbildfunktion für mich haben, bedeutet mir viel.
Natürlich bedeutet eine Rezension für die Buchblogger*in unentgeltliche Arbeit: Beim Lesen schon Notizen machen und wichtige Stellen markieren, dann die Rezension schreiben (da gehen mehrere Stunden für drauf), zusätzlich den Beitrag für die Webseite und für Suchmaschinen überarbeiten, Bilder produzieren und bearbeiten, die Beiträge auf Social Media Accounts hochladen, die Accounts pflegen… da kommt einiges an investierter Zeit und investiertem Aufwand zusammen. Ich bin ganz ehrlich: Der Gegenwert eines kostenlosen Buches reicht dafür eigentlich bei weitem nicht aus. Ich mache das, weil es mein Hobby und meine Leidenschaft ist und vielen anderen Buchblogger*innen geht es sicher genauso.
Von dieser Leidenschaft profitieren im Idealfall Verlag und Autor*in und niemand hat Grund zur Beschwerde. Zumindest habe ich bisher noch keine Klagen über gute Rezensionen vernommen. Wenn die Rezension dann aber nicht so gut ausfällt wie erhofft, gibt es manchmal Probleme. Natürlich habe ich schon mit Autor*innen zusammengearbeitet, die sich vielleicht privat über die nicht so glanzvolle Rezension ärgern, das aber klaglos akzeptieren und sich zumindest für die investierte Arbeitszeit bedanken. Um die soll es in diesem Beitrag aber nicht gehen.
Es gibt nämlich auch Autor*innen, die meinen, sich zu der Rezension äußern zu müssen. Per Mail, in den Kommentaren, in Social Media. Das betrifft keinesfalls nur einen Verriss, gerade auch mittelmäßige Rezensionen provozieren Äußerungen.
Bedürfnis nach Anerkennung
Warum ist das so? Warum kommen bei nicht so guten Rezensionen schnell verletzte Gefühle ins Spiel? Nun, wir alle sehnen uns nach Anerkennung. Für das, was wir tun. Für die Art, wie wir sind. Ich möchte Anerkennung für meinen Blog, für meine Beiträge. Eine Autor*in möchte Anerkennung für ihr Buch. In meiner Zulassungsarbeit, die von Wertschätzung im Lehrerberuf handelt, habe ich geschrieben:
Juhu! Ich konnte mich selbst zitieren, ein Traum wird wahr! (so viel zu Anerkennung). Aber zurück zum Wesentlichen: Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Autor*innen die Bewertung von etwas nahe geht, in das sie vielleicht jahrelange Arbeit gesteckt haben. Dass Bewertungen mies und unfair sein können – gerade auf Verkaufsportalen – will ich gar nicht in Abrede stellen. Manche Autor*innen bewerben ihre Bücher absichtlich mit den besonders schlechten Rezensionen, denn auch die können etwas über das Buch aussagen. Allerdings sind Rezensionen von Buchblogger*innen teilweise sogar netter formuliert, als es das Buch verdient hätte.
Aus meiner eigenen Erfahrung tendiere ich dazu, Kritik am Buch einer Autor*in, mit der ich in persönlichem Kontakt stand und die mir ein Rezensionsexemplar hat zukommen lassen, netter zu formulieren als das Buch einer unbekannten Person. Da wird aus einem langweiligen Buch, bei dem ich einzelne Passagen übersprungen habe und das ich unter Umständen abgebrochen hätte, ein „Buch mit Längen“. Schließlich hat auch die Autor*in Gefühle (hier ein sorry an die Leser*innen meines Blogs, ich kann und will einfach kein knallharter Literaturkritiker der Marke Reich-Ranicki sein).
Übergriffe, Beleidigungen, Drohungen
Das Buch ist also – nach Meinung der Blogger*in – kein künftiger Weltbestseller. Schade. Abgesehen davon, dass Buchgeschmäcker hochgradig verschieden sind und auch die Meinungen über Bestseller weit auseinander gehen: Persönliche Angriffe hat die Blogger*in in keinem Fall verdient. Und die sind leider gar nicht so selten. Ich habe ein wenig nachgefragt und wirklich viele haben schon negative Erfahrungen gemacht. Ein paar waren noch nicht einmal bereit, ihre Erfahrungen anonymisiert hier veröffentlichen zu lassen.
Vergleichsweise harmlos ist das öffentliche Beklagen einer zu einseitigen Rezension und ein “Aufklären” über die Sachverhalte, die nach Ansicht der Autor*in falsch verstanden wurden. Es kommt aber auch zu persönlichen Angriffen und verbalen Beleidigungen. Eine Blogger*in berichtete von der Erfahrung, dass sie, Monate nachdem sie einen kurzen negativen Kommentar auf einer Buchplattform hinterlassen hatte, von der Autorin auf Social Media aufgesucht wurde. Die Autorin hatte sich extra dafür einen Account erstellt und im Anschluss die Blogger*in dann bedrängt, ihr eine Erklärung zu dem Kommentar zu liefern. Das ist grob übergriffig.
Aber einige Autor*innen schrecken auch nicht vor persönlichen Beleidigungen oder Drohungen zurück. Und in einzelnen Fällen kommen das nicht nur von der Autor*in persönlich, sondern zusätzlich von deren aufgestachelten Fans. Dass das Internet ein ziemlich hässlicher Ort sein kann, haben wir wohl alle schon erlebt, aber ganz ehrlich, liebe Autor*innen: WAS SOLL DER SCHEISS?
Das große Missverständnis
Rechtfertigungen und Reaktionen von Autor*innen auf Blogrezensionen fußen (aus meiner Sicht) auf einem großen Missverständnis: Dass die Rezensionen für die Autor*innen geschrieben sind. Das stimmt nicht. Wir Blogger*innen sind keine Testlesenden und erst recht kein Lektorat. Was ich über ein Buch schreibe, entstammt meinem persönlichen und individuellen Lesegeschmack. Es hat keinerlei Anspruch auf Objektivität. Meine Rezensionen beschreiben meinen Blick auf und meine Freude an einem Buch, nicht mehr und nicht weniger. Sie sind nicht geschrieben, um das Ego einer Autor*in zu stärken oder zu schmälern, sondern um potentiellen Leser*innen meine Meinung mitzuteilen und ihnen das Buch eventuell schmackhaft zu machen.
Natürlich kann sich die Autor*in über eine gute Rezension freuen oder aus einer nicht so guten Rezension im besten Falle eine neue Sichtweise auf das eigene Werk mitnehmen. Aber eine Rechtfertigung/Klärung/sonstwas in den Kommentaren ist im besten Fall unangenehm, schnell übergriffig und im schlimmsten Fall rechtlich ahndbar. Wer mit Kritik am eigenen Buch nicht umgehen kann, darf es nicht veröffentlichen. Und Autor*innen, die sich übergriffig verhalten, sollten offen benannt werden, damit sich andere Buchblogger*innen davor schützen können. Und damit solche Erfahrungen wie die oben nicht mehr passieren.
So, wer jetzt noch nicht genug hat und noch mehr über Fehltritte von Autor*innen (und Blogger*innen) lesen möchte, dem sei dieser Beitrag von Maike ans Herz gelegt.
Lieber Nico,
das ist ein ganz toller Beitrag! Ich habe auch gerade in letzter Zeit wieder öfters mitbekommen, dass Autor*innen mit negativen Rezensionen von Blogger*innen nicht umgehen können. Glücklicherweise ist mir das noch nie passiert. Doch aufgrund der Erfahrungen von anderen habe ich immer als Antwort auf Anfragen ein paar Sätze parat, in denen ich mitteile, dass ich unabhängig lese und bewerte und meine Meinung, ob positiv oder negativ, veröffentliche. Dem müssen die Autori*innen explizit zutimmen, damit ich das schriftlich in einer Mail habe. Ansonsten lehne ich das Rezensionsexemplar ab.
Deinem Fazit stimme ich unbedingt zu! Ich bin auch sehr dafür, dass man diese übergriffigen und drohenden Autorin*innen unbedingt namentlich veröffentlichen sollte, damit sie Konsequenzen aus ihrem Verhalten bekommen.
GlG, monerl
Hallo monerl =)
Vielen Dank für dein Feedback! Ich hatte einen ziemlichen Respekt vor dem Thema und bin froh, dass er auf größtenteils positive Rückmeldungen stößt.
Deine Idee mit den Sätzen vorab und der expliziten schriftlichen Zustimmung finde ich gut. Hat dich das denn bisher zuverlässig vor Auseinandersetzungen mit Autor*innen geschützt?
Liebe Grüße,
Nico
Hi!
Das würde mich allerdings auch interessieren … Beim letzten neuen Kontakt habe ich sogar im Vorhinein nochmal drauf hingewiesen, dass ich keine Garantie dafür übernehmen kann und will, eine positive Rezension nach dem Lesen zu schreiben, weil ich sehr kritisch lese. Das Ergebnis war trotzdem, dass der Kontakt nachher sehr schnell wieder abgerissen ist …
Liebe Grüße
Ascari
Hey Ascari =)
schade, dass deine Erfahrung so verlief, aber zumindest ist nichts Schlimmeres passiert. Ich werde das in Zukunft vorab auch explizit anmerken und hoffen, dass das in der Zusammenarbeit dann passt.
Liebe Grüße,
Nico
Hi Nico!
Ein ganz toller Beitrag der hoffentlich wieder etwas mehr Aufklärung schafft.
Natürlich möchte man gerne, dass das Werk, das man geschrieben hat, gefällt, aber ich denke dann immer an die großen Klassiker, die ja oftmals in den Himmel gelobt werden – und die gefallen nunmal auch nicht jedem…
Wie immer in der Kunst sind die Geschmäcker immens verschieden und zu erwarten, dass es einem Leser gefällt “nur weil es ein kostenloses Rezensionsexemplar gibt”, da ist dann irgendwas in der Denkweise verzerrt.
Ich hatte zum Glück bisher keine “schlimmen” Erfahrungen.
Einmal konnte eine Autorin nicht nachvollziehen, dass mir ihr Buch nicht gefällt, weil es doch allen anderen gefällt ^^
Und einmal konnte eine Autorin nicht nachvollziehen, dass ich die dargestellte Handlung nicht authentisch fand. Sie aber doch so gut recherchiert hat und es tatsächlich so wäre.
Es ist ein subjektiver Eindruck von jedem einzelnen, wie er eine Geschichte aufnimmt und wie du schon sagst, wir sind keine “knallharten Literaturkritiker” sondern einfach nur Leser, die Spaß an den Geschichten haben möchten 🙂
Wichtig ist vielleicht, dass man als Blogger wirklich vorher nochmal klar kommuniziert, dass ein Rezi-Ex keine positive Rezension nach sich ziehen muss. Aber wie Ascari oben schon schrieb, das ist natürlich auch kein Garant dafür, dass das dann auch so hingenommen wird.
Wobei ich da auch schon positive Erfahrungen gemacht hab, dass Autoren dankbar waren für die Kritik, um damit weiter an sich arbeiten zu können.
Liebste Grüße, Aleshanee
Hallo Aleshanee =)
Vielen Dank für deinen ausführlichen Einblick. Ich bin froh, dass du bisher noch keine negativen Erfahrungen gemacht hast und wünsche dir, dass das so bleibt =)
Ja, ich werde es bei künftigen Rezensionsexemplaren immer im voraus so machen, wie es monerl und Ascari auch machen. Ich hoffe, damit kann ich eventuellen übergriffigen Aktionen schon im Ansatz vorbeugen.
Liebe Grüße,
Nico
Bevor ich es dann eh wieder nicht schaffe oder schlichtweg keine Lust auf Kommi-Tour habe, schaue ich einfach direkt jetzt rein 😉
Und ein Thema, welches wohl immer wieder angesprochen werden muss und beide Seiten so einige Erfahrungen gemacht haben oder gar machen mussten. Ich wurde gezielt als dumm bezeichnet, da ich die von mir kritisierte Szene nicht verstehen würde – direkt als Kommentar auf meinem Blog, wobei damals eine andere Bloggerin in den Austausch mit einsprang. Zum Glück, denn ich wusste nicht mehr sachlich zu antworten. Wenn ich dann mit anderen Blogger:innen / Leser.innen darüber spreche ist es kaum zu glauben, was für Geschichten ich da hörte. Da ist meine nichts gegen …
Und immer wieder schade, das so deutlich gesagt werden muss, was hinter Rezensionen und einem Blog steht. Ich bin an einem Punkt, bei dem ich das bei Autor:innen und Verlagen voraussetze. Und sie sollten wissen, dass auch kritische Eindrücke ein Buch ins Gespräch bringen. Natürlich sind schlechte Bewertungen und Kritik nichts, worüber sich Autor:innen freuen. Habe ich absolutes Verständnis für und wenn es persönlich wird, finde ich es auch Grenzüberschreitend. Aber eine Kritik die sich mit dem Inhalt / der Umsetzung auseinandersetzt und dies klar skizziert, ist und bleibt die Meinung der einzelnen Leser:innen und sind kein Feld für Autor:innen, sich zu verhalten als wäre ihnen ein Lutsche aus der Hand gerissen worden!
Ich möchte nicht bestreiten, das es keine Rezensionen gäbe, die verletzend und beleidigend sind und das geht absolut nicht. Aber Geschichten stehen im Fokus der Öffentlichkeit, können nicht allen gefallen und Autor:innen müssen sich auf Kritik einstellen. Und das ein Rezensionsexemplar nicht gleichbedeutend ist mit Meinungskauf, müssen einige auch noch lernen.
“Wer mit Kritik am eigenen Buch nicht umgehen kann, darf es nicht veröffentlichen.” – da kann ich dir schlichtweg nur zustimmen! Wie ich schon geschrieben habe, eine Geschichte steht in der Öffentlichkeit und eben dies kann alles mit sich bringen. Von Begeisterung bis Abbruch.
Hab einen muckeligen Sonntag (=
Juhuuu, ich freu mich, dass du zu Besuch gekommen bist! Und dein Beitrag zu dem Thema ist so valide und wertvoll, vielen Dank für deinen Einblick. Das Bild mit dem aus der Hand gerissenen Lutscher wird mir noch länger in Erinnerung bleiben =)
Ganz liebe Grüße,
Nico
Schönen guten Morgen Nico!
Ich hab deinen Beitrag heute gerne in meiner Stöberrunde verlinkt 🙂
Liebste Grüße, Aleshanee
Hallo Aleshanee =)
Vielen lieben Dank für deine Verlinkung! Und ein schönes Wochenende dir. Ich schaue die Tage auch bei deiner Stöberrunde vorbei.
Liebe Grüße,
Nico
Hallo Nico,
ich lese in diversen Blogbeiträgen zwar immer wieder davon, dass so mancher Autor oder so manche Autorin sich in sozialen Medien negativ über Buchblogger äußert. Vielleicht lese ich einfach in den falschen Genres 🙂
Bisher hatte ich keine Probleme mit Autoren oder Autorinnen, wenn ich mich kritisch zu ihren Büchern geäußert habe. Selbst Buchabbrüche wurden zwar bedauernd zur Kenntnis genommen, aber immer bin ich auf Verständnis gestoßen.
Ganz im Gegenteil haben mir viele Autoren zurückgemeldet, dass sie meine Kritiken hilfreich fanden, weil sie eben keine geschönte und weichgespülte Rezension erhalten haben, sondern ich ihnen mitteilen konnte, was mich an der Story oder dem Plot oder was auch immer gestört hat.
Viele Grüße
Frank
BTW: Weil ich weiß, dass Du Dich auch mit dem Gendern befasst: “Die Autor*in” ist keine gleichberechtigte Schreibweise (die nebenbei bemerkt “Die Autor/in” heißen müsste). Gleichberechtigung erreichst Du nur, wenn Du beide Formen nennst. Und falls es Dich interessiert, hier ein Beitrag darüber, wie das Gender-Pendel zunehmend in die andere Richtung ausschlägt.
Hallo Frank,
gut, dass du bisher noch keine negativen Erfahrungen mit Autor*innen gemacht hast. Ich wünsche dir, dass das auch in Zukunft so bleibt.
Viele Grüße,
Nico